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„Reiseverhalten ändert sich, Tourismusregionen müssen umdenken“

Schon heute reisen zahlreiche Zillertal-Urlauber mit den öffentlichen Verkehrsmitteln an und nützen sie vor Ort. Ein Trend, der sich massiv fortsetzen wird, erwarten heimische Hoteliers und begrüßen den geplanten Ausbau des Mobilitätsangebots – von der neuen Zillertalbahn über die Gästekarte als Fahrkarte bis zum ganzheitlichen Konzept aus Bus, Bahn und Straße.

Zu den Gästen des Mari Pop Hotels in Ried zählen vor allem junge Paare aus dem urbanen Raum, die in deutschen oder Schweizer Großstädten zuhause sind. „Sie sind im Alltag ausschließlich mit den öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs und sehen keinen Grund, das für den Urlaub zu ändern“, sagt Hotelchefin Silvia Gschösser. „Für unsere Zielgruppe ist es deshalb selbstverständlich, mit Bus oder Bahn anzureisen und während ihres Aufenthalts im Tal entweder das E-Bike oder die Öffis zu nützen. Dabei zeigt sich deutlich: Je besser das öffentliche Netz ausgebaut wird, desto mehr wird es angenommen.“

Grundsätzlich beobachtet Silvia Gschösser, dass sich das Reiseverhalten – insbesondere von jüngeren Generationen – klar verändert hat, die Coronakrise beschleunigt das Umdenken zu einer nachhaltigen Lebensweise. „Auf dieses Umdenken müssen wir als Tourismusregion reagieren. Der Zillertaler Mobilitätsplan ist in meinen Augen ein realistisches Paket, das zukunftsträchtig ist und dabei hilft, die Natur zu erhalten – der Hauptgrund, warum Gäste überhaupt zu uns kommen. Wir leben in einem Paradies, und das gehört mit allen Mitteln geschützt.“

Silvia Gschösser vom Mari Pop Hotel mit ihrer Familie (©Lisa Staudinger)

Bequeme, staufreie Anreise ist buchungsrelevant

Auch Franz-Josef Perauer vom ZILLERTALERHOF Alpine Hideaway in Mayrhofen ortet den Trend, dass immer mehr Gäste mit der Bahn anreisen – vorausgesetzt, das Angebot stimmt. Derzeit finde vermehrt ein Umdenken statt: „Erst kürzlich meinte ein Stammgast aus Frankfurt, er wäre zwar ein überzeugter Autofahrer, könnte sich aber mehr und mehr die Anreise mit der Bahn vorstellen – weil bequemer, umweltfreundlicher und vor allem staufrei. Damit würde der Urlaub bereits mit der Anreise anfangen.“

Die Vision, immer mehr Menschen von dieser Sichtweise zu überzeugen, sieht Perauer als fundamentalen Erfolgsfaktor. „Deshalb liegt für mich im Zillertaler Mobilitätsplan viel Potenzial. Für uns als Destination ist es elementar, auch beim Thema Mobilität vorauszugehen und es uns groß auf die Fahnen zu schreiben. Es ist nämlich für den Gast buchungsrelevant, ob er gezwungen ist, bei der Anreise im Stau zu stehen oder ob komfortable Alternativen angeboten werden können. Der grundsätzliche Bedarf und die Nachfrage werden also immer größer, deshalb muss das Angebot mitwachsen und entsprechend kommuniziert werden.“

Franz-Josef und Katharina Perauer, die Gastgeber vom ZILLERTALERHOF Alpine Hideaway (©Ute Niedermaier)

Mehrwert für Natur und Region

Viele kennen den Enzianhof, ihn gibt es seit 1960. Der Familienbetrieb am Gerlosberg ist nur ein paar hundert Meter entfernt von der Mittelstation der Zillertal Arena und verfügt über 60 Gästebetten. Der Enzianhof wird von Josef Kerschdorfer geführt, der auch als Bürgermeister der Gemeinde Gerlosberg fungiert. Für ihn hat ein Wandel im Ort bereits eingesetzt: „Der Regiobus ist für mich nicht mehr wegzudenken, das Angebot wird gut genützt und es werden immer mehr Gäste, die mit dem Zug und dann weiter mit dem Bus anreisen. Der Enzianhof liegt auf 1.300 Meter und ist öffentlich unkompliziert erreichbar, deshalb kommen auch junge Menschen und Familien zu uns, die kein Auto haben. In diesem grünen Denken liegt die Zukunft. Wenn wir jetzt gemeinsam einen Beitrag leisten, schaffen wir für die Natur sowie die Region einen hohen Mehrwert.

In seiner Funktion als Bürgermeister ist für Kerschdorfer klar, dass die Vorteile des Mobilitätsplans auch die Einwohner betreffen: „Nicht nur Gäste profitieren vom Zillertaler Mobilitätsplan, sondern auch die Einheimischen – denkt man beispielsweise an ältere BürgerInnen, die selbst nicht mehr Auto fahren können oder wollen. Ihnen können wir mit dem ausgebauten Angebot die Möglichkeit bieten, unabhängig und mobil zu bleiben. Alle werden profitieren, und zwar das ganze Jahr über.“

Der Enzianhof

Der Enzianhof liegt auf 1.300 Höhenmetern.

Zillertaler Mobilitätsplan: Entscheidende Phase steht bevor

Der Zillertaler Mobilitätsplan soll die Region zum Vorreiter für innovative und nachhaltige Mobilität machen. Dafür wird ein umfassendes Paket aus neuer Zillertalbahn, Gästekarte als Fahrkarte und dem ganzheitlichen Konzept aus Bus, Bahn und Straße geschnürt. Ziel ist es, eine attraktive Vor-Ort-Mobilität für Einheimische und Gäste zu bieten.

Nach dem klaren Ja des Tourismusverbands Tux-Finkenberg zum Zillertaler Mobilitätsplan haben sich auch die Vollversammlungen der Tourismusverbände Erste Ferienregion im Zillertal und Mayrhofen-Hippach mit großer Mehrheit für das Zukunftsprojekt ausgesprochen. Offen ist jetzt noch das Votum der Mitglieder des TVB Zell-Gerlos. Sie können dieses über die Grenzen des Tals hinaus strahlende Zukunftsprojekt mit ihrem Ja auf Schiene bringen.

Die Erhöhung der Tourismusabgabe um 1,25 Euro ist der entscheidende Beitrag, damit die nächsten Schritte gesetzt werden können. Die höhere Ortstaxe pro Übernachtung tritt erst dann in Kraft, wenn die neue Zillertalbahn voll in Betrieb ist – also frühestens ab der Wintersaison 2024/2025. Der Beitrag aus der Region ist Voraussetzung für die finanzielle Unterstützung von Bund und Land und dass das Geld im Zillertal investiert wird. Wenn die Erhöhung nicht kommt, kann das Gesamtkonzept nur in Teilen umgesetzt werden.